Ein Mensch, eine Leidenschaft
Wolfgang Feindt wurde am 10. Mai 1964 geboren und verstarb am 27. September 2024 im Alter von 60 Jahren. Seine Lebensgeschichte ist keine gewöhnliche Laufbahn, sondern die eines Mannes, der das europäische Fernsehen mit Leidenschaft, Feingefühl und einem tiefen Verständnis für Erzählkunst geprägt hat.
Er wuchs in Deutschland auf, studierte Theater- und Kulturwissenschaften und fand seinen Weg in die Redaktion und Produktion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens – genauer gesagt, zum ZDF. Von dort aus sollte er maßgeblich dazu beitragen, dass das deutsche Fernsehen internationaler, mutiger und erzählerisch anspruchsvoller wurde.
Ausbildung – der Grundstein
Feindt begann seine akademische Laufbahn an der Justus-Liebig-Universität Gießen, wo er Theaterwissenschaft studierte. Dort legte er die intellektuelle Grundlage für sein späteres Verständnis von Dramaturgie, Inszenierung und kulturellem Ausdruck. Anschließend absolvierte er ein Aufbaustudium im Bereich Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg.
Diese Kombination war entscheidend für seinen Werdegang: Sie verband künstlerisches Denken mit organisatorischer Kompetenz. Schon während des Studiums interessierte er sich nicht nur für die Bühne, sondern auch für die Frage, wie Kunst in der Gesellschaft wirken und organisiert werden kann. Dieses Interesse trug ihn direkt in die Medienwelt.
Der Einstieg in das Fernsehen
Nach dem Studium zog es Wolfgang Feindt in die Film- und Fernsehbranche. Er begann zunächst in redaktionellen Bereichen, in denen er sich schnell durch sein Gespür für Stoffe und seine Leidenschaft für Qualität auszeichnete. Schon früh erkannte er das Potenzial internationaler Zusammenarbeit und setzte auf Formate, die über nationale Grenzen hinausgingen.
In dieser Phase prägte ihn der Gedanke, dass gute Geschichten überall verstanden werden – unabhängig von Sprache und Herkunft. Seine frühe Arbeit war geprägt von Neugier, Mut und einem tiefen Respekt für die Kunst des Erzählens.
Aufstieg beim ZDF – Verantwortung und Vision
In den 1990er-Jahren trat Feindt in die Redaktion des ZDF ein. Dort übernahm er mit der Zeit immer größere Verantwortung. Er wurde Redakteur und später Hauptverantwortlicher für internationale Koproduktionen im Bereich „Spielfilm und Serie“.
Seine Aufgaben umfassten die Entwicklung, Auswahl und Betreuung von Projekten, die oft in Zusammenarbeit mit europäischen Partnern entstanden. Unter seiner Mitwirkung entstanden Produktionen, die das deutsche Fernsehen enger mit anderen Ländern verbanden – insbesondere mit Skandinavien, Großbritannien und Spanien.
Feindt galt als jemand, der nicht nur auf Quoten schaute, sondern auf Qualität. Er glaubte an die Kraft des Drehbuchs, an die Bedeutung von starken Charakteren und an das Zusammenspiel von Regie, Schauspiel und Kamera. Für ihn war Fernsehen kein bloßes Produkt, sondern ein kulturelles Ereignis.
Internationale Impulse – „Nordic Noir“ und mehr
Eines der markantesten Kapitel in Feindts Karriere war seine enge Verbindung zu skandinavischen Produktionen. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass der sogenannte „Nordic Noir“ – also die düstere, atmosphärische Krimikultur aus dem Norden – ihren Weg nach Deutschland fand. Serien wie Die Brücke – Transit in den Tod oder Verfilmungen der Stieg-Larsson-Romane zeigen deutlich, wie Feindt die internationale Serienlandschaft verstand und in Deutschland etablierte.
Er erkannte früh, dass europäische Koproduktionen nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch künstlerisch bereichernd waren. Durch seine Arbeit half er, ein neues Qualitätsbewusstsein im Fernsehen zu verankern – Geschichten mit Tiefgang, Authentizität und gesellschaftlicher Relevanz.
Große Projekte – Feindts Handschrift im Fernsehen
Wolfgang Feindt war an einer Vielzahl von Projekten beteiligt, die im deutschen und europäischen Fernsehen großen Anklang fanden. Dazu gehören Produktionen wie Der Kommissar und das Meer, Vienna Blood, Marie Brand sowie Landkrimi und die internationale Serie Weiss & Morales.
In all diesen Projekten spiegelt sich sein redaktioneller Stil wider: spannungsreich, intelligent, zugleich emotional und menschlich. Er liebte Geschichten, die sowohl unterhalten als auch berühren. Seine Fähigkeit, kreative Köpfe zusammenzubringen – Autoren, Regisseure, Schauspieler und Produzenten – machte ihn zu einem unverzichtbaren Partner innerhalb der Branche.
Feindt verstand sich nie als Bürokrat, sondern als jemand, der Geschichten zum Leben erweckt. Er war bekannt für seine ruhige, respektvolle Art, für sein offenes Ohr und seine Begeisterung für gute Ideen. Viele Kolleginnen und Kollegen beschrieben ihn als einen Menschen, der inspirierte, ohne laut zu sein.
Arbeitsweise – Leidenschaft, Struktur und Menschlichkeit
Was Wolfgang Feindt von vielen anderen unterschied, war seine Fähigkeit, künstlerische Freiheit mit redaktioneller Klarheit zu verbinden. Er wusste, wann er eingreifen musste – und wann er Kreativen den Raum lassen sollte. Seine Arbeit war geprägt von Vertrauen und einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen hinter den Projekten.
Er legte großen Wert auf Qualität, Authentizität und Nachhaltigkeit in der Erzählweise. Ihm ging es nie um schnellen Erfolg, sondern darum, Produktionen zu schaffen, die Bestand haben. Unter seiner redaktionellen Leitung entstanden Filme und Serien, die Jahre später noch relevant blieben – nicht nur als Unterhaltung, sondern als kulturelle Beiträge.
Einfluss und Bedeutung für das europäische Fernsehen
Feindts Arbeit hat das deutsche Fernsehen spürbar verändert. Er half dabei, internationale Koproduktionen zu etablieren und die Qualität des öffentlich-rechtlichen Programms zu stärken. Durch seine Projekte wurde das ZDF zunehmend als Partner für anspruchsvolle europäische Produktionen wahrgenommen.
Er öffnete Türen zwischen den Ländern, schuf Vertrauen zwischen Produzenten und Sendern und prägte den Dialog zwischen Kulturen. Viele seiner Produktionen vereinten deutsche Präzision mit internationalem Erzähltempo – ein Stil, der bis heute nachwirkt.
Darüber hinaus trug er dazu bei, die redaktionelle Arbeit beim Fernsehen neu zu denken. Er verstand die Rolle eines Redakteurs nicht als Kontrolle, sondern als kreative Partnerschaft. Sein Ansatz war modern, offen und zugleich tief verwurzelt im Respekt vor der Kunst des Erzählens.
Persönlichkeit und Vermächtnis
Wolfgang Feindt war nicht nur ein erfolgreicher Redakteur, sondern auch ein Mensch, der viele Herzen berührte. Kollegen beschrieben ihn als bescheiden, humorvoll und zuverlässig. Trotz seiner beruflichen Erfolge blieb er immer nahbar und authentisch.
Er glaubte daran, dass jede gute Geschichte mit Menschlichkeit beginnt – mit Figuren, die echt wirken, und Konflikten, die nachvollziehbar sind. Diese Haltung zog sich durch sein gesamtes Werk.
Nach seinem Tod im Jahr 2024 trauerten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und dem Ausland um ihn. Viele erinnerten sich daran, wie er jungen Talenten Chancen gab und seine Leidenschaft für Fernsehen nie verlor. Seine Arbeit bleibt in zahlreichen Produktionen lebendig – und in der Art, wie heute im ZDF und anderen Sendern über Serien nachgedacht wird.
Fazit – Ein Leben für Geschichten und Menschen
Wolfgang Feindt war mehr als ein Redakteur: Er war ein Erzähler, ein Vermittler, ein Gestalter. Sein Lebensweg von einem kulturbegeisterten Studenten in Gießen bis zum prägenden Redakteur des ZDF zeigt, wie Leidenschaft und Vision Fernsehen formen können.
Er verband Kultur mit Kommerz, Kunst mit Struktur, Menschlichkeit mit Präzision. In einer Zeit, in der der Fernsehalltag immer schneller wird, erinnert sein Wirken daran, dass Qualität, Geduld und Teamgeist die wahren Konstanten erfolgreicher Medienarbeit sind.
Sein Vermächtnis ist nicht nur in den Sendungen sichtbar, die er mitgestaltet hat, sondern auch in der Haltung, die er lebte: Geschichten ernst zu nehmen, Menschen zuzuhören und immer offen für Neues zu bleiben.
Wolfgang Feindt hinterlässt ein Werk, das weit über seine Filmografie hinausgeht. Er hat das Fernsehen menschlicher gemacht – und gezeigt, dass hinter jeder guten Produktion ein Herz schlägt.
